Verspätete oder gar ausgefallene Flüge sind bei privaten und beruflichen Reisen gleichermaßen Anlass für Frustration. Häufig entstehen Reisenden daneben auch noch zusätzliche Kosten, etwa für zusätzlich erforderliche Übernachtungen in einem Hotel, für einen Mietwagen, ein Taxi, Verpflegung und ggf. Telefonate im Ausland. Dieser Beitrag soll Ihnen dabei helfen, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, welche Rechte Sie als Reisende in solchen Situationen haben und wie Sie eventuelle Ansprüche durchsetzen können.
Die Verpflichtung von Fluggesellschaften zur Zahlung einer pauschalen Entschädigung im Falle eines verspäteten Fluges richtet sich nach der europäischen Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004. Grundlegende Voraussetzung dafür, dass der Reisende Ansprüche aus dieser Verordnung geltend machen kann, ist, dass das Flugzeug entweder in der EU gestartet ist oder die Airline ihren Sitz in der EU hat und das Flugzeug auch in einem EU-Mitgliedstaat gelandet ist.
Nach der Fluggastrechteverordnung muss die Fluggesellschaft bei Verspätungen von mindestens drei Stunden den Reisenden pauschal pro Person folgende Entschädigungen zahlen:
Die Fluggesellschaft ist sogar dann zur Ausgleichszahlung verpflichtet, wenn der Flug vom Reisenden gar nicht mehr angetreten wurde. Die Kosten für eine anderweitige Reise können dann erstattungsfähig sein, wenn der ursprünglich gebuchte Flug mindestens fünf Stunden Verspätung hatte.
Ausnahmen von der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung sieht die Verordnung für den Fall vor, dass außergewöhnliche Umstände für die Verspätung verantwortlich waren. Außergewöhnlich sind solche Umstände, die nicht von der Fluggesellschaft beherrscht werden können und die nicht Teil eines normalen Flugbetriebs sind.
Während ein technischer Defekt am Flugzeug zum normalen Flugbetrieb gehört und deshalb Ausgleichszahlungen der Fluggesellschaft nicht ausschließt. Beim Streik der Piloten der Fluggesellschaft handelt es sich hingegen um einen außergewöhnlichen, von der Fluggesellschaft grundsätzlich nicht beherrschbaren Umstand. Der Europäische Gerichtshof hat aber geurteilt, dass trotzdem nur im Einzelfall Ausgleichszahlungen ausgeschlossen sind (Urteil vom 17.04.2018, Az. C-195/17).
Beträgt die Verspätung mindestens zwei Stunden, ist die Fluggesellschaft verpflichtet, den Reisenden schriftlich über die Voraussetzungen und Höhe der Entschädigungsansprüche zu informieren. Der Bundesgerichtshof hat 2020 entschieden, dass die Fluggesellschaft dem Reisenden zum Ersatz später entstehender außergerichtlicher Anwaltskosten verpflichtet ist, wenn sie Reisende nicht wie vorgenannt schriftlich über seine Rechte informiert (BGH Urteil vom 01.09.2020, Az. X ZR 97/19).
Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, muss der Reisende aber nicht zwingend die Kosten der außergerichtlichen Rechtsberatung tragen: Diese können entweder von einer bestehenden Rechtsschutzversicherung des Reisenden übernommen werden oder der beauftragte Rechtsanwalt kann durch geschicktes taktisches Vorgehen erreichen, dass bei einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung dennoch die Fluggesellschaft zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet ist.
Neben der Ausgleichszahlung haben Reisende im Verspätungsfall ein Recht auf Verpflegung und Betreuung durch die Fluggesellschaft. Dieser Anspruch besteht wie auch der auf Ausgleichszahlung in Abhängigkeit von Flugstrecke, -distanz und Dauer der Verspätung. Geschuldet sind dann Mahlzeiten und Getränke in angemessener Art und Umfang.
Wenn die Verspätung so gravierend ist oder zu einer ungünstigen Tageszeit erfolgt, die zur Folge hat, dass der Reisende in Flughafennähe in einem Hotel übernachten muss, können die Kosten für die Übernachtung sowie die ggf. erforderliche Beförderung zum Hotel von der Fluggesellschaft zurückgefordert werden.
Da diese Ansprüche in vielen Fällen jedoch auf die Entschädigungszahlung nach der Fluggastrechteverordnung angerechnet werden, empfiehlt sich die Geltendmachung der konkreten Kosten vor allem in Fällen, in denen entweder die konkreten Kosten die Höhe der Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung übersteigen würden oder der Flug gar nicht in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fällt. Die Anrechnung regelt Art. 12 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/200 und wurde vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 6. August 2019 (Az. X ZR 165/18) bestätigt.
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